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„München leuchtete“. Thomas Manns Eröffnung seiner Novelle „Gladius Dei“ kann man ohne Minderwertigkeitsgefühl auf die Beschreibung des Lichtermeers übertragen, das Passepartout beim Anflug auf Los Angeles empfängt. Knapp 20 Millionen Menschen leben hier auf einer Fläche von der Größe Schleswig-Holsteins, in einem Siedlungsraum in dem 168 Städte fließend ineinander übergehen und der doch nur gerade einmal etwas mehr als 200 Jahre alt ist. Die Gründung des Pueblo de Nuestra Senora de los Angeles Porciuncula durch den spanischen Gouverneur de Neve und den Franziskanerpater Junipero Serra erfolgte 1781. Zur Zeit der Eroberung durch die Amerikaner im mexikanisch-amerikanischen Krieg 1847 beherbergte das „Dorf der Engel“ ganze 1500 Einwohner. Durch den folgenden Goldrausch entwickelte das Gebiet sich in rasanten Schritten und zur Jahrhundertwende in das zwanzigste Jahrhundert waren bereits 100000 Einwohner zu zählen.

Damals wie heute hat Los Angeles die Massen erregt und polarisiert. Die Fans glorifizieren die Metropole als goldene Beach-Boys Welt aus Sonne, Sand und Surfing, als Inbegriff des kalifornischen Traumes. Kritische Geister dagegen geißeln sie als energiefressende Maschinerie, als einen Moloch aus Freeways und Smog, aus verstopften Verkehrs- und Atemwegen. Aber können die Millionen Angelos denn irren?


Die Stadt empfing Passepartout mit einer überragenden Effizienz. Keine langen Wartezeiten bei der Einreise wegen übervorsichtigen Beamten. Das im Vorfeld über das Internet besorgte ESTA Visum öffnete schnell alle Pforten und 75 Minuten nach Touchdown war Passepartout in seiner Herberge in Downtown LA im Millenium Biltmore, das durch den historischen Charme der ersten Oscar Verleihungen und Conventions der demokratischen Partei auf der Landkarte gehalten wird.

Eine geführte Rundfahrt durch Großstädte bietet immer eine gute Gelegenheit für einen ersten Gesamteindruck. Wir beginnen am exotischen „Chinese Theatre“, wo die Hand- und Fußabdrücke der Stars in Zement gegossen sind und beschreiten den „Walk of Fame“ mit seinen ca. 2000 Messingsternen auf den Bürgersteigen, wo die Namen der Großen des „Showbiz“ verewigt sind. Der Hollywood Boulevard ist die Hauptachse der Zelluloid-Metropole, die von dem weithin sichtbaren Namenszug am Berghang überthront wird. Die Fahrt durch Beverly Hills erlaubt zumindest flüchtige Blicke aufs Wohnen im Paradies, ein weitgehend menschenleeres allerdings, denn außerhalb der Geschäftsstraßen kann man kaum von einer belebten Stadt sprechen. In den baulichen Stilblüten die man hier findet leben die Weltstars von einst und von heute. Pete Sampras, Madonna, Christina Aguilera, Jack Nicholson und viele mehr leben in Villen mit klassizistischen Säulenaufgängen, im Hazienda Look, oder als Stilmix aus Gaudi, Jugendstil und Buttercremetorte.

Entlang des Sunset Boulevards gelangt man zum Pazifik und zu den weltweit berühmten Stränden in Malibu, Venice und Santa Monica, die Plätze wo man sieht und gesehen werden kann.

Mein Weg führt mich nach Westen in einem überdimensionierten aber bequemen Mietwagen auf der Interstate 10 nach Palm Springs. Bald ist die Betonwüste hinter mir und es eröffnet sich eine Sand- und Geröllöde, die Sonora Desert. Dieses riesige Trockengebiet zieht sich zu beiden Seiten der Grenze zwischen Kalifornien und Arizona bis nach Mexico hinein und bildet den größten Teil des amerikanischen Südwestens. Palm Springs ist eine Art Königswinter Kaliforniens, ein in die Jahre gekommener, aber gleichwohl äußerst erholsamer Wüstenkurort, in dem die Indianer seit Jahrhunderten Heilkraft aus heißen Mineralquellen ziehen. Einst als Refugium und Tummelplatz zahlreicher Hollywoodstars gepriesen, spielt der Ort von Herbst bis Frühjahr nach wie vor seine Rolle als beliebtes Wochenendziel für Los Angelitos und Urlaubsort für US-Bürger aus den Staaten, die von winterlicher Kälte und Schnee geplagt sind. Rund um Palm Springs steht ein Wald von Windturbinen, der die starken atmosphärischen Bewegungen dieser Region zur Energieerzeugung nutzt.

Weiter geht es durch das Coachella Valley, bis östlich von Indio die Mojave Wüste immer einsamer wird. Links und rechts der Interstate nur Sand und Geröllwüste, die gelegentlich Wüstensträucher wie cholla, ocotillo und die grünen Paloverde-Büsche Platz bietet. Die Geschwindigkeits-begrenzungen auf den US Interstates und Highways sind offensichtlich gelockert worden. In bestimmten Abschnitten darf man schon 75 Meilen, ca. 120 kmh fahren. Bei Blythe trennt der Colorado River Californien von Arizona. Jetzt sind auch die ersten Saguaro-Kakteen zu sehen, jene langarmige, stachligen Gesellen, die als Komparsen in jedem Western-Film zu sehen sind, obwohl sie nur auf einem relativ begrenzten Terrain des Südwestens wachsen.


Phoenix ist die 2 Millionen Hauptstadt Arizonas, die zu einer Mega Oase ausgeufert ist, zum Valley of the Sun, einem Tal aus 23 Städten und Gemeinden, in dem ich mit 35 Grad den Hitzerekord meiner USA Reise erlebte. Wohin man blickt weiße Traumvillen an palmengesäumten Boulevards, überquellende Bougainvillen und dekorative Brunnen, der Wüste wurde hier eine gepflegte Wohn- und Freizeitkultur abgerungen, um die 300 Sonnentage im Jahr im richtigen Ambiente genießen zu können.

Seit ich Los Angeles vor zwei Tagen verlassen habe, führte mich mein Weg geradewegs nach Osten. Von Phoenix aus nehme ich jetzt die Interstate 17 nach Norden um in einem Tag die 400 km bis zum Grand Canyon National Park zu bewältigen. Nördlich von Flagstaff führt der Weg durch Schneisen von Nadelgehölz und eine Landschaft, die mich in Abschnitten an die Lüneburger Heide erinnert. Am Horizont kann ich die schneebedeckten konischen Vulkankegel der San Francisco Mountains erkennen. Langsam klettert mein Gefährt auf 2200 m um mich am späten Nachmittag in Tusayan am südlichen Eingang zum Canyon abzusetzen.


Die Größe dieser gewaltigen Naturlandschaft ist für den Besucher kaum zu erfassen. Über 277 Meilen hat der Colorado River einen bis zu 18 Meilen breiten und bis zu1 Meile tiefen Canyon in die Landschaft gefräst und damit ein einmaliges Naturereignis geschaffen. Die offen liegenden Felsschichten des Grand Canyons reichen von relativ jungen geologischen Schichten bis zu relativ altem Gestein. Kaibab Kalkstein, das Deckgestein an den Rändern des Canyon wurde vor 270 Millionen Jahre geformt, während die ältesten freiliegenden Gesteinsformationen am Grund des Canyon auf 1840 Millionen zurückdatiert werden. Obwohl die Felsen relativ alt sind, ist der Canyon jung. Vor 70 Millionen Jahre hob sich das Colorado Plateau, das bis dahin auf dem Grunde des Golfes von Mexico lag, aufgrund von starker Aktivität der tektonischen Platten der Region, um mehr als 3000 m. Das erstaunliche bei diesem, im geologischen Zeitablauf häufiger vorkommendem Ereignis, ist das Fehlen jeglicher Faltung oder Verformung. Das Plateau erhebt sich wie ein mehr oder weniger flacher Tisch in der Mitte der westlichen USA. Ohne den Colorado River, einen konstanten Fluss inmitten eines Wüstenklimas, würde es den Grand Canyon nicht geben. Das aus den Rocky Mountains abfließende Wasser transportierte Sand und Kiesel und schnitt sich durch die Felsschichten. Vom Yavapai Point am South Rim bis zum Colorado River ist ein Höhenunterschied von 1400 m, dennoch fließt der Fluss noch immer 750 m über dem Meeresspiegel. Oft als der größte geologische Schauplatz der Erde beschrieben, macht das Zusammenwirken von Tiefe, Weite und Länge den Grand Canyon zu etwas ganz besonderem. Nirgendwo sonst gibt es eine so atemberaubende Vielfalt von farbigen Felsschichten, eindrucksvollen Hügeln und überschatteten Nebencanyons. Dies ist der Canyon mit dem weltweit alle anderen Schluchtformationen verglichen werden.Die Eintrittsgelder in die Nationalparks sind nicht niedrig. 25 $ im Falle des Grand Canyon. Ich würde deshalb jedem Besucher der Nationalparks ein Annual Pass für 75 $ empfehlen, mit dem man 1 Jahr lang alle Nationalparks der USA besuchen kann.


Auf der Fahrt nach Kayente in westlicher Richtung geht die Landschaft langsam in eine rote Sandsteinwüste über. Heftige Windböen wehen den roten Staub über die Fahrbahn und bedecken diese, sodass die Strasse an den Rändern nicht mehr passierbar ist. Kayente liegt inmitten des Reservats der Navayo-Indianer, das flächen- und bevölkerungsmäßig größte in den USA. Von hier zweigt der Weg ab zum Monument Valley, zu jenem Tal, dessen bizarre Felsformationen weltbekannt sind. Von „Easy Rider“ bis „Marlboro“ waren sie der Schauplatz für die Handlungen in Filmen über den Westen der USA. Gelegentlich meint man John Wayne könne auf seinem Pferd um die Ecke von „The Thumb“, „Elephant Butte“ oder „Bird Spring“ gallopiert kommen auf der Flucht vor Indianern oder einigen Bösewichten des wilden Westens.


Und wieder verwandelt sich das Gesicht der Szenerie. Der rote Sandstein macht einer graugrünen Sagebrush-Landschaft Platz. Der Wind treibt torkelnde Tumbleweed-Büsche quer über den Highway. Gelegentlich komme ich an Navajo-Gehöften vorbei, wo Ziegen, schwarzköpfige weiße Schafe und Vieh zwischen dem Haus und Wohnwagen dahin trotten. Durch Utah reisend erreiche ich schließlich Cortez, was bereits in Colorado liegt.

Die Einfahrt zum Mesa Verde Nationalparl liegt quasi um die Ecke von Cortez, trotzdem dauerte es eine gute Stunde um zum Zentrum des „Grünen Tischs“ wie Mesa Verde aus dem spanischen übersetzt heißt, zu gelangen. Hier findet man mehrstöckige Felsenhäuser die in die Schluchtwände, wie Waben eines Bienenstockes, hineingebaut wurden und immer noch einen außerordentlich guten Erhaltungszustand aufweisen. In vielen kleinen Schluchten und auf dem „Grünen Tafelberg“ wurden 600 Felsenhäuser und 4200 weitere archäologische Stätten lokalisiert, die auf die Zeit von 550 bis 1300 n.Chr., also lange bevor die Europäer in Amerika ankamen, datieren. Die „Anasazi“ Indianer oder wie sie heute genannt werden die „Ur-Pueblos“ lebten hier und verließen den Ort im 13.Jahrhundert aus bis heute ungeklärten Gründen in südlicher Richtung. Neben Chaco Canyon in New Mexico zählen die Klippensiedlungen und die Ruinenstädte in den Felsennischen und Grotten, die erst 1888 von zwei Cowboys entdeckt wurden zu den bedeutendsten Dokumenten indianischer Baukunst im amerikanischen Westen.


Über die 491 und 191 erreiche ich Moab, wieder im Bundesstaat Utah, und damit den Eingang zum Arches National Park. Hier findet man über 2000 natürliche Steinbögen auf einem Parkgebiet von 310 qkm. Die hohe Konzentration der Steinbögen lässt sich durch die Geologie der Region erklären. Vor etwa 300 Millionen Jahren war an der Stelle des heutigen Parks ein mit Salzwasser gefülltes Becken. Im damals heißen und trockenen Klima setzte sich Salz im Becken ab, wenn Wasser verdunstete. Über mehrere hunderttausend Jahre muss das Becken immer wieder mit neuem Salzwasser befüllt worden sein, im Ergebnis bildete sich eine bis zu 1000 m dicke Salzschicht, die von Kalk und Ton durchzogen war. Für die Entstehung der Steinbögen ist die Kombination aus unterirdischen Salzlagern, Sandstein, und der großen Meereshöhe mit extremem Klima verantwortlich. Bereits im Jura verformte sich die Salzschicht unter dem Druck der darüber liegenden Gesteinsschichten plastisch und bildete einen Salzstock. Er wölbte sich an verschiedenen Stellen auf und bildete Hebungen. Als die tektonische Hebung des gesamten Colorado-Plateaus stattfand, beschleunigte sich die Erosion und formte die für die Region typischen roten Sandstein-Steinbögen.

Meine Fahrt führt mich weiter in östlicher Richtung, zuerst auf dem Highway 128 entlang der Grenze des Nationalparks und dem Lauf des Colorado Rivers folgend, der nicht in der Tiefe dahinmäandert wie im Grand Canyon, sondern der quasi auf Augenhöhe mit dem Betrachter die klaren Wasserfluten der Rocky Mountains durch ein wildromantisches Flussbett nach Westen lenkt um schließlich im Golf von Kalifornien den Pazifik zu erreichen.


Ich folge der Interstate 70 und gewinne langsam an Höhe. Die Landschaft verändert sich und erinnert an alpine Gebirgspassagen. Aspen bleibt rechts liegen und als ich an Vail vorbeikomme ist die Landschaft puderzuckerweiß. Beim Vail Pass mit 3000 Höhenmeter sinkt das Thermometer auf minus 3 Grad, der niedrigsten Temperatur, die ich bisher auf meiner Reise erlebt habe und das Mitte Mai, wo man sich auch in diesem Wintersportgebiet auf die Sommersaison vorbereitet. Nur gut, dass Passepartout angemessen gekleidet ist. Die Polarisierung der Temperatur von minus drei in Colorado versus plus 44 am Uluru in der Mitte Australiens bedingt entsprechend mehr Gepäck. 38 Kilo inclusive Handgepäck haben mich begleitet und auf den short-distance Routen für nicht unerhebliche Übergepäck-Kosten gesorgt. Brunei Airways werde ich deshalb immer in schlechter Erinnerung behalten.

Ich verlasse die Interstate 70 bei Hidden Valley und fahre Richtung Norden entlang des Arapho- und Roosevelt National Forest durch eine Weihnachtswinterwelt bis nach Estes Park, das nahe dem Eingang zum Rocky Mountain National Park liegt. 78 Berggipfel des Parkes sind höher als 12000 feet ca. 3650 m und diese Gipfel sind wenigstens die dritte Generation von Berggipfeln in dieser Region. Die erste Generation wurde von kleinen Inseln gebildet, die vor wenigstens 135 Millionen Jahren als Dinosauriere die Erde bevölkerten, aus einem Flachmeer hervorragten. Eine weitere Gipfelkette erhob sich aus einem jüngeren Gewässer vor etwa 75 Millionen Jahre. Über die Jahrmillionen unseres Erdzeitalters erodierten diese Gipfel zu Hügelketten die sich dann aber wieder in ungleicher Form erhoben und so die eindrucksvolle Oberflächenstruktur bildeten, die heute zu sehen ist. Der Fels auf den Gipfeln der Rocky Mountains ist 2 Milliarden Jahre alt. Leider verhinderte der späte Wintereinbruch einen Besuch des nördlichen Teils des Parks, eine Stippvisite zum Longs Peak, der mit seinen 4346 m sich im Bereich der höchsten Alpengipfel befindet, entschädigte dafür.

Der Weg führt mich jetzt nordwestlich durch Wyoming nach Casper. Ich fahre durch eine weitläufige Prärielandschaft, die dem Staat auch seinen Namen gegeben haben. Wyoming bedeutet in der Cheyenne Sprache „große Ebenen“. Die Prärie ist mit Kurzgras bewachsen und weitgehend baumlos, nur an den Flüssen findet man Pappeln und Gebüsch. Viehzucht ist der Haupterwerbszweig der Bauern, Ackerbau ist in diesen windigen trockenen Weiten kaum möglich. Casper mit seinen 50.000 Einwohner ist die zweitgrößte Stadt in Wyoming dem bevölkerungsärmsten Bundesstaat der USA. Die Stadt am North Platte River war einer der wichtigsten Punkte der West-Wanderungen der USA. Hier verlief der Oregon Trail, die Mormonen zogen hier vorbei und auch die Goldsucher auf dem Weg nach Kalifornien passierten diesen wichtigen Übergangsort. In Casper ist der ehemalige US-Vizepräsident Richard Bruce "Dick" Cheney aufgewachsen, dieser Hinweis nur um der Chronistenpflicht zu dienen.

Weiter nach Westen erheben sich gewaltige Gebirgsketten, die allesamt zu den Rocky Mountains gehören und Teil der von Feuerland bis Alaska reichenden Kordilleren sind. In diesem Teil des Landes befindet sich die Wind River Indian Reservation, eines der größten Reservate der USA. Hier leben Stämme der Eastern Shoshones und der Northern Arapahos. Ich erreiche den Grand Teton National Park mit seiner herzerfrischenden Melange aus Almwiesen, imposanten Gletschern und perlenden Gebirgsbächen die in azurfarbenen Seen münden, die sich wie an einer Schnur aufgereiht an die steil aufragenden Berge – die „Tetons“ - schmiegen. Jenseits der Tetons, Mount Owen, Tewinot Mountain und Mount Moran öffnet sich ein breites Tal – „Jackson Hole“, durch das sich der „Snake River“, der seinen Weg im südlichen Yellowstone Park begonnen hat, gemächlich bis nach Idaho schlängelt.


Der Yellowstone National Park breitet sich auf einem Areal von 9000 qkm von Wyoming über Teile von Montana und Utah aus. Hier sprudeln und stinken 10.000 Quellen, schießen über 3000 Geysire und heiße Wasserlöcher in unterschiedlich langen Abständen Wasserfontänen in den blauen Himmel, kocht vielfarbiger Schlamm und bieten die Wasserkaskaden der Sinterterassen ein Naturschauspiel, das seinesgleichen sucht und vielleicht nur noch in Neuseeland und Island zu finden ist. Auf diesem extrem undichten Fleckchen Erde haben sich vor 2 Millionen Jahren, dann 1,2 Millionen Jahren und schließlich vor 600000 Jahre drei gewaltige Vulkanausbrüche ereignet. Der letzte hat ca. 400 Kubikkilometer Gestein, Lava und Asche gespuckt und einen gigantischen Krater gerissen, der eine Fläche von 40 mal 70 Kilometer ausfüllt. Trotz des starken Besucherandrangs kann man immer noch eine ausreichende Anzahl von Tieren in der freien Wildbahn erleben. Elche, Rothirsche, Bisons und Fischadler sind links und rechts des Weges immer dankbare Statisten für eine Daguerrographie. Seit 1872 ist Yellowstone ein Nationalpark, der erste unseres Planeten.

Über den West Yellowstone Exit fahre ich eine kurze Strecke durch Montana bevor ich im Targhee National Forest auf dem Weg nach Süden auf den Bundesstaat Idaho treffe. In Idaho Falls, das 1864 als Fährstation über den Snake River gegründet wurde, treffe ich auf die Interstate 15 um dann kurz vor Bringham City Idaho zu verlassen und nach Utah zu gelangen. Südlich von Bringham City kommt der Highway dem Great Salt Lake ziemlich nahe, einer Salzpfanne, die über 100 Kilometer lang, bis zu 50 Kilometer breit aber gerade mal 6 Meter tief ist. Dieses Binnenmeer ist das Überbleibsel eines zur letzten Eiszeit noch weit größeren Sees, der durch Verdunstung und Versalzung auf sein heutiges Ausmaß schrumpfte. Nur noch das Tote Meer ist salziger. Salt Lake City wurde 1847 von Mormonen gegründet. Erst war sie Hauptstadt der religiösen Gründung, dann des Staates Utah und auch heute sind noch die Hälfte der 180000 Einwohner Mormonen. Zu sehen gibt es nicht viel. Die Hauptattraktion des Temple Square, nämlich der Salt Lake Tempel darf nur Mormonen besucht werden. Ansonsten ist die Stadt selbst gitternetzförmig angelegt und bietet eine Innenstadt mit einer interessanten Mischung aus alten und neuen Baustrukturen an.


Ich fahre am Fuß diverser Bergketten südwärts bis ich bei Cove Fort über die Interstate 70  den Highway 89 erreiche, der dem Sevier River nach Süden folgt. Der Red Canyon übernimmt jetzt die Ouvertüre zu den roten Farben der ebenso märchenhaften wie kariösen Zahnsteinhälse die für den Bryce Canyon genauso charakteristisch sind wie seine Wälder und kühlen Weiden. Das Bryce Amphietheater bietet einen grandiosen Rundblick über diese bizarre zerfurchte Felslandschaft. Seit Millionen von Jahren hat Wasser seine bildhauerische Arbeit an den Sandsteinformationen verrichtet. Wir befinden uns hier auf ca. 2700 Meter mit Temperaturen die an 200 Tagen im Jahr unter den Gefrierpunkt fallen, das Wasser gefrieren lassen und durch das Zusammenspiel von Regen, Frost, Wärme und Wind Teile des Sandsteins absprengt und neu formt.

Nicht weit vom Bryce Canyon liegt der Zion National Park dem die Mormonen, in Anlehnung an die Himmelsstadt, diesen Namen gegeben haben weil sie die grandios aufgeschichteten Steinterassen an „natürliche Tempel Gottes“ erinnerten. Wie im Bryce Canyon hat die Erosion gewaltige Steinpfeiler, auch „Hoodoos“ genannt, geformt und Wandnischen in den Sandstein gefressen. Während man im Bryce Canyon die Felsformationen von der Canyonkante betrachtet so wird im Zion National Park der Blick auf die Sandsteingebilde vom Boden des Canyon nach oben gelenkt.  Zwischen 500 und 1200 n. Chr. war das Gebiet von den Anasazi Indianern und in der Folgezeit von den nomadischen Paiute-Indianern bewohnt.


Vorbei an Pappeln, Eschenahorn, Weiden aber auch Kaktus und Wacholder mache ich mich auf den Weg von Utah nach Nevada ins Spielerparadies Las Vegas – und finde, wie hätte es auch anders sein können, eine andere Welt, ein Sodom und Gomorrah. Die „Hauptstadt der Unterhaltung“ begrüßt Passepartout mit einer Glitzerkulisse der neuen Megaressorts. Sie präsentieren sich als Pyramiden, als venezianisches „Centro Storico“ mit Gondelverkehr, als Caesars römische Hauptstadt oder befinden sich noch als klaffende Baustellen für weitere Hotelklötze, einer größer als der andere. Las Vegas ist seit 1990 die am schnellsten wachsende Stadt in den USA. Gelegentlich ist Passepartout durchaus nicht abgeneigt mit ein paar Jetons sein Glück zu versuchen, so auch in Las Vegas. Das Ambiente das für sein Verständnis von Glückspielkultur dazugehört war jedoch nicht zu finden.

Touristen aus aller Welt in buntester Freizeitkleidung sitzen an elektronischen Wundergeräten und müssen noch nicht mal den Arm des einarmigen Banditen nach unten ziehen, ein Fingerdruck auf das „Touch Screen“ und die Glücksmaschine rollt. An einem großen Tisch mit eingebautem Bildschirm erscheint virtuell eine asiatische Schönheit und fordert in perfekter amerikanischer Mundart zum Spiel auf. Die Casinoeigene Debitkarte reicht aus um das Spiel in Gang zu bringen. Täuschend echt präsentiert Suzy Wong, oder wie sie auch immer heißen mag, die Kartensequenzen und die Maschine entscheidet über Glück oder Verderben.

Nein, das ist nicht Passepartouts Welt vom Casino, keine ordentlich mit Krawatte und Jackett gekleideten Spieler, kein mechanisches Schwungrad, in dem die Elfenbeinkugel über Nummernfächer der Rouletteschüssel aus Ebenholz tanzt um dann schließlich als Glücksfee in einem der sechsunddreißig Compartements zu verweilen und damit die Gewinnzahl zu bestimmen. Es fehlt der in dunklem Livree gekleidete Croupier der mit akkurat sitzender Fliege mit seinem Rouletteschieber die Gewinne den Glückseligen zuschiebt und die Coupons die nicht erfolgreich waren einsammelt und akkurat in Säulen gleichen Geldwertes hinter dem Roulettekessel sorgfältig verwahrt. So ist es in Baden-Baden und so muss es sein.


Ich verlasse die Metropole von Neonlicht und Pappmaschee und ziehe weiter gen Westen in das Tal des Todes. Die Shoshonen nannten es „Tomesha“ „brennender Boden“. Frühe Siedler gaben ihm den noch fataleren Namen, als sie hier auf der Suche nach Gold durch das Tal, in der Hoffnung eine Abkürzung gefunden zu haben, zogen.Aber alles was sie fanden waren ein Salzboden und der wenig ermutigende Anblick der Panamint Mountains, die ihnen den Weg zu versperren schienen. Death Valley ist Amerikas heißester und trockenster Ort. Die Temperaturen erreichen hier im Sommer bis zu 50 Grad und der Niederschlag beträgt weniger als 6 cm pro Jahr. Im Tal finden wir auch den niedrigsten Punkt der USA mit 84 m unter dem Meeresspiegel.

Die Nomenklatur des Death Valley liefert auffällig viele Spuren des Leibhaftigen! Er verfügt sowohl über ein Kornfeld als auch über einen eigenen Golfplatz. Aber auch poetische Bezeichnungen wie der Künstlerpfad „Artists Drive“ und „Dante’s View“. Himmel und Hölle, Höhen und Tiefen der Menschheitsgeschichte werden als offenbar vertrauensbildende Maßnahme eingesetzt, um Mutter Natur Furcht und Schrecken zu nehmen.

Die Fahrt durch das Tal bietet aber auch Impressionen besonderer Schönheit. Die winzigen weißen Büschelhütchen von Devil’s Cornfield, die Dünen von Stovepipe Wells. Es ist erstaunlich wie viel Lebendiges in den oft blendenden, vom Sand geriffelten Sandbergen nistet. Gräser, Creosotebüsche die besonders lange Wurzeln entwickeln, oder Mesquitebäume, deren gelbe, bohnenartigen Früchte schon die Schoschonen schätzten. Die Fauna schützt  sich tagsüber in Erd- und Sandlöchern vor der starken Hitze, mit Ausnahme von ein paar nimmermüden Käfern und hitzeresistenten Eidechsen. Ich fahre durch platte Salzwüste, an Steinfaltungen vorbei und über Geröllsand. Sobald der Highway den Owens River überquert erscheint die Landschaft wie verwandelt. Die pastoralen Bilder des Owens Valley lösen die öde Wüste ab.


Von Lone Pine wo mein Treck die Reise nach Westen unterbrach wollte ich auf der 395 am Sequoia National Park entlang fahren um dann am Mono Lake über die 120 durch den Yosemite Park zu fahren. Doch die meteorologischen Kapriolen setzten meinen Plänen ein Ende. Wegen Schneeverwehungen war die 120 gesperrt und ich gezwungen den Park nördlich zu umfahren um mein Tagesziel Oakhurst an der Westseite des Yosemite zu erreichen, was einen Umweg von 6 Stunden bedeutete und mir landschaftlich aber einen Hochgenuss bereitete. Alpine Szenerien mit schneebedeckten Viertausender wurden von frühlingshaften Almenwiesen abgelöst. Temperaturen nahe dem Gefrierpunkt kletterten innerhalb von einer Stunde auf plus 20 Grad und kündigten die Nähe der pazifischen Küste an.

Die Amerikaner lieben ihre Nationalparks, ja sie lieben sie zu Tode. Das dieses Sprichwort viel Wahrheit enthält erlebte ich am 29.Mai, einem Samstag vor Remembrance Day, dem US Feiertag für die Kriegsgefallenen, als ich mich in einer kilometerlangen Autoschlange in den Yosemite National Park quälte. Der Yosemite Nationalpark liegt in den Bergen der Sierra Nevada, die sich über 500 Kilometer Länge und über 100 Kilometer Breite durch den Osten Kaliforniens zieht. Mit einer Ausdehnung von insgesamt über 3.080 Quadrat-kilometern und einer Höhenlage zwischen 609 und 3.962 Metern umfasst der Park eines der schönsten Bergtäler der Welt. Das Yosemite Valley ist in seiner West-Ost-Ausdehnung 13 Kilometer lang und knapp 1.600 Meter breit. Fast senkrecht aufragende, rund 1.000 Meter hohe Granitwände steigen beidseitig des Tales empor, neun tosende Wasserfälle stürzen herab. Fünf davon sind mehr als 300 Meter hoch. Das Wasser des Yosemite Falls fällt über 800 Meter in mehreren Stufen bevor es auf die Felsen prallt, was ihn zum höchsten Wasserfall in Amerika und zum vierthöchsten der Welt macht.


Inmitten des Yosemite Valley ragt an einer besonders engen Stelle gleich hinter dem Bridalveil Fall "El Capitan" an der Nordseite des Tals empor. Diese massive 914 Meter hohe Steilwand aus Granit dominiert mit seiner markanten Form das gesamte Tal genauso wie der weiter östlich gelegene "Half Dome". Über 100 Millionen Jahre lang wurde der Felsen von Gletschern geschliffen. Seine heutige Form erhielt er in der Zeit vor 1,3 bis 1 Millionen Jahren, der Sherwin Eiszeit. Da der Granitfels nahezu rissfrei ist hat er die Zeit seither fast erosionslos überstanden. Er ist mit rund 1.300 Hektar graubraunen Granits der größte freistehende Granit-Monolith der Welt - fast doppelt so hoch wie der Fels von Gibraltar.


Ich verlasse den letzten Nationalpark meiner USA Reise und fahre zum Pazifik. Die Bay Bridge führt zum Ziel des heutigen Tages, San Francisco – und es gibt keine schönere Zufahrt. Goldene Brücken bauen und rote Teppiche zur Begrüßung ausrollen – das kann San Francisco wie keine andere amerikanische Stadt, die ich bisher gesehen habe. Schon der erste Anblick von ihr fasziniert: die Traumlage auf 43 Hügeln über den Wassern, die Skyline und die berühmten Brücken, die jeden mit offenen Armen zu empfangen scheinen. Die tägliche Gangart wirkt eher europäisch und der asiatische Einfluss, jeder vierte der 750.000 Einwohner ist asiatischer Herkunft, wächst und wächst.

San Francisco war schon seit jeher eine besondere Stadt. Als Goldgräberstadt begann sie ihre einzigartige Entwicklung als Anlaufpunkt für viele Glücksuchende in dem großen Goldrausch von 1848. In ihrem bunten Völkergemisch entwickelte sich eine liberale Gesellschaft, die Bewegungen wie die der Hippies und der Schwulen hervorbrachte. Auch wenn dies heute im Stadtbild kaum noch eine Rolle spielt, ist der alte Flair noch allgegenwärtig. Über 16.000 alte viktorianische Holzhäuser mischen sich auf angenehme Art mit moderner Bebauung, die außer im Financial District kaum mehr als 3 Geschosse haben. Durch diese untypische Hochhausarmut strahlt die Metropole eher den Flair einer Kleinstadt aus. Kennzeichnend hierfür ist die Tatsache, dass man im Golden Gate Park stehend - dem größten Stadtpark der Welt - die umschließende Stadt überhaupt nicht wahrnimmt.

Die Golden Gate Bridge ist mit ihrem markanten, und übrigens patentierten, Anstrich (Zinnoberrot oder "International Orange") das Wahrzeichen der gesamten Bay Area und für viele neben der Freiheitsstatue von New York das Sinnbild der Vereinigten Staaten schlechthin. Der Bau war seinerzeit eine enorme technische Herausforderung, und die Brücke war lange Zeit die längste Hängebrücke der Welt. Sie brach eine Vielzahl an Rekorden, die für unüberbietbar gehalten wurden: die höchsten Pfeiler mit 227 Meter, die längsten (2.332 Meter) und dicksten (92 cm) Kabelstränge und die größten Unterwasserfundamente. Diese Fundamente mussten zudem in einer von starken Strömungen gekennzeichneten Meerenge versenkt werden.


5 Sekunden nach 5:12 Uhr am Morgen des 18. April 1906 begann in San Francisco die Erde zu beben. Das kurze Vorbeben war in der ganzen Bay Area spürbar. Etwa 25 Sekunden nach diesem Vorbeben begann das 47 Sekunden andauernde Hauptbeben mit einer Stärke von etwa 7,8 auf der Richterskala. Beim Beben selbst, aber vor allem beim anschließenden, mehrere Tage unkontrolliert wütenden Feuersturm kamen offiziell 700 der damaligen 400.000 Einwohner ums Leben; inoffiziell geht man von über 3.000 Todesopfern aus. 490 Straßenblöcke mit 28.130 Häusern im Stadtzentrum wurden vollständig zerstört. Über 225.000 Einwohner wurden obdachlos und mussten entweder mit Fähren die Stadt verlassen oder vorübergehend in einer Zeltstadt für 20.000 Einwohner im heutigen Golden Gate Park leben.

Nun, diese Stadt hat sich prächtig erholt und um mit dem Schriftsteller Rudyard Kipling zu sprechen: "San Francisco has only one drawback – it is hard to leave," .


Ich teilte diese Empfindungen als ich mich auf den Weg nach Süden machte um auf Highway No. 1 über Carmel nach Los Angeles zu fahren. Dort wo ich dann am 5.Juni 2010 einen A340 bestieg, der mich wieder in die Heimat brachte. Noch ein kurzer Abstecher nach Pacific Palisades in die Nähe von Santa Monica und ein Besuch des Hauses 1550 San Remo Drive.

Hier wohnte der Schöpfer des „Brunnen der Vergangenheit“ hier wohnte Thomas Mann seit 1942 in seinem amerikanischen Exil. „Tief ist der Brunnen der Vergangenheit. Sollte man ihn nicht unergründlich nennen?“. So eröffnet er den Prolog zu seinen Josefsromanen.


Auf meiner 241 tägigen Reise um die Welt bin ich auf viel „Tiefes“ viel „Unergründliches“ gestoßen. Ich habe zehn verschiedene Länder besucht und in 129 verschiedenen Unterkünften mein müdes Haupt zur Ruhe gebettet. Insgesamt habe ich 104.948 km, davon 800 Bootskilometer, 830 Bahnkilometer, 5.532 Buskilometer, 21.139 Autokilometer und 76.647 Flugkilometer mit 14 verschiedenen Airlines in 18 verschiedenen Flugzeugtypen auf 44 Teilstrecken zurückgelegt.

Es gab keine Fehlbuchung und ich hatte wetterbedingt nur zwei mal zwei Stunden Verspätung. Alle Unterkünfte waren richtig gebucht und ich wurde überall freudig erwartet. Ein besonderes Lob gilt dem Reiseveranstalter. Ich hatte, wenn man mal von einem entzündeten Finger absieht, auch keine gesundheitlichen Probleme. 44 Grad am Uluru in Australien und minus 3 Grad im Rocky Mountains National Park mit Neuschnee waren die polarisierenden Klimaerlebnisse, aber überwiegend lagen die Temperaturen über 25 Grad, wie jetzt in Deutschland auch.

Ich werde oft gefragt, wo es denn am schönsten war. Das ist eine kaum zu beantwortende Frage, weil man z.B. Mexico nicht mit Borneo oder Französisch-Polynesien mit Nepal vergleichen kann, ja man kann noch nicht mal für die benachbarten Australien und Neuseeland einen Vergleich heranziehen. Mir hat es überall gut gefallen und ich würde auch überall nochmals hinreisen – sehr gut gefallen hat es mir in Borneo, Laos und Neuseeland – in alphabetischer Reihenfolge.


Jetzt bin ich aber wieder zu Hause – und das ist gut so.

 

 

Jean Passepartout

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